Auslegung einer „Katastrophenfallklausel“ im gemeinschaftlichen Ehegattentestament
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken befasst sich mit der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments eines kinderlosen Ehepaars, das verschiedene Verwandte als Erben eingesetzt hatte. Im Zentrum steht die Frage, ob die testamentarischen Regelungen nur für den Fall eines gleichzeitigen oder kurz aufeinander folgenden Todes („Katastrophenfall“) gelten oder als allgemeine Schlusserbeneinsetzung auszulegen sind.

Der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau setzten sich im Jahr 2000 in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben ein. Für den Fall, dass sie „gleichzeitig oder nacheinander“ versterben, bestimmten sie, dass ihr gemeinsames Vermögen je zur Hälfte an die nächsten Angehörigen beider Seiten fallen sollte. Diese Angehörigen wurden konkret benannt. Nach dem Tod der Ehefrau im Jahr 2011 verstarb der Erblasser 2021, ohne das Testament zu ändern. Ein Streit entstand zwischen den Beteiligten: Einige argumentierten, dass das Testament nur für den „Katastrophenfall“ gelte und daher die gesetzliche Erbfolge greife. Andere vertraten die Auffassung, dass eine allgemeine Schlusserbeneinsetzung vorliege.

Das OLG bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts, wonach das Testament als allgemeine Schlusserbeneinsetzung auszulegen ist. Es führte aus, dass die Formulierung „gleichzeitig oder nacheinander“ nicht ausschließlich auf einen „Katastrophenfall“ hindeute, sondern sie umfasse alle möglichen Todesfälle. Die detaillierte Regelung zur hälftigen Vermögensaufteilung und die Definition der „nächsten Angehörigen“ sprächen für eine allgemeingültige Regelung. Die Eheleute hatten keine eigenen Kinder und wollten offenbar eine gerechte Aufteilung ihres Vermögens zwischen ihren Familien sicherstellen. Dies werde durch die Benennung der Angehörigen und die Betonung einer hälftigen Aufteilung untermauert. Obwohl keine explizite Ersatzerbenregelung für vorverstorbene Angehörige getroffen wurde, ergab sich aus der ergänzenden Auslegung durch das OLG, dass die Abkömmlinge dieser Personen als Ersatzschlusserben gemeint waren.
OLG Zweibrücken, Az.: 8 W 80/23, Beschluss vom 11.07.2024, eingestellt am 30.11.2024