Brüssel IIb-Verordnung
Bereits am 01.08.2022 ist die neue Brüssel IIb-Verordnung, VO (EU) 2019/1111 des Rates vom 15.06.2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführung (Brüssel IIb-VO) in Kraft getreten.
Die Brüssel IIb-Verordnung löst die Vorgängerverordnung, die sogenannte Brüssel IIa-Verordnung, VO (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der VO (EG) Nr. 1347/2000 ab.
Mit dem Stichtag 01.08.2022 richten sich also internationale Eheverfahren oder solche hinsichtlich der elterlichen Verantwortung nach der neuen Brüssel IIb-Verordnung, etwas anderes gilt für Verfahren, die bereits vor dem 01.08.2022 angestrebt wurden oder für entsprechend abgefasste Urkunden.
Die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Brüssel IIa-Verordnung findet auch auf die Nachfolgeverordnung, die Brüssel IIb-Verordnung Anwendung, es sei denn, dass die Brüssel IIb-Verordnung Rechtsbereiche betrifft, die zuvor in der Vorgängerverordnung nicht geregelt wurden.
Da in einigen Ländern, wie z. B. in Griechenland, nunmehr die sogenannte „Privatscheidung“ durch notarielle Erklärung möglich ist, bietet die Brüssel IIb-Verordnung die Neuerung, dass eine solche Scheidung in Griechenland, wenn das griechische Recht im Rahmen der internationalen Zuständigkeit für die Ehescheidung Anwendung findet, ohne ein gerichtliches Verfahren durchgeführt werden kann und in Deutschland anzuerkennen wäre, da es sich hierbei um eine öffentliche Urkunde handelt. Diese öffentliche Urkunde stellt dann eine Vereinbarung nach Art. 66 Abs. 2, Buchstabe a) der Brüssel IIb-Verordnung dar und wäre in Deutschland anzuerkennen, selbst wenn Deutschland diese Form der Ehescheidung nicht kennt.
Dr. jur. Christian Kasten, eingestellt am 14.03.2023