Keine Ungleichbehandlung der Staatsangehörigkeit nach der Brüssel IIa-Verordnung
Vor dem Europäischen Gerichtshof ging es in einem aktuellen Verfahren um die Fragestellung, ob die Zuständigkeitskriterien des Gerichts nach der sogenannten Brüssel 2A-Verordnung, der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 17.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000, die in Art. 3 Abs. 2 Buchstabe a)-5 und 6 eine Unterscheidung hinsichtlich der Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts an die Staatsangehörigkeit knüpfen. Während der 5. Spiegelstrich vor Antragstellung auf Ehescheidung voraussetzt, dass der Antragsteller sich mindestens ein Jahr lang in dem Mitgliedsstaat aufgehalten hat, in dem der Scheidungsantrag eingereicht wird, sieht der 6. Spiegelstrich lediglich vor, dass, wenn der Antragsteller Staatsangehöriger des Mitgliedsstaates ist, in dem der Antrag auf Ehescheidung eingereicht wird, lediglich einen gewöhnlichen Aufenthalt von sechs Monaten in diesem Staat benötigt.
Die Frage stellte sich in dem Verfahren deshalb, weil ein Gericht den Europäischen Gerichtshof im Rahmen der Zuständigkeit um eine Vorabentscheidung gebeten hatte. Dort war nach der Trennung der Eheleute ein Staatsangehöriger nach Österreich gezogen, war jedoch kein österreichischer Staatsangehöriger und wollte vor Ablauf eines Jahres die Ehescheidung in Österreich beantragen. Er sah in der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit eine Ungleichbehandlung und deshalb eine Diskriminierung.
Der Europäische Gerichtshof führt in seinen Entscheidungsgründen aus, dass die Diskriminierung hinsichtlich der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit deshalb nicht geboten ist, weil ein Staatsangehöriger eines Landes engere Verknüpfungen und Bindungen sowohl an das Rechtssystem, Kultur, Sprache und auch Institutionen hat, als ein Staatsangehöriger, der nicht Mitglied dieses Staates ist. Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass, wenn im Rahmen einer Ehekrise ein Staatsangehöriger zurück in seinen Herkunftsstaat zieht, der andere Ehegatte damit rechnen muss, dass dieser ggf. einen Antrag auf Ehescheidung nach sechs Monaten in seinem Heimatstaat stellt.
EUGH (3.Klammer), Rechtssache C-522/20, Urteil vom 10.02.2022, eingestellt am 15.03.2022