Zur konkludenten Rechtswahl im Sinne des Artikel 83 Absatz 2 der Europäischen Erbrechtsverordnung
Seit dem 17. August 2015 findet die Europäische Erbrechtsverordnung auf Erbfälle Anwendung, wenn der Erbfall Bezug zum Recht von mehreren Staaten aufweist.

Vor dem Oberlandesgericht München ging es in einem aktuellen Verfahren um die Fragestellung, welches Recht für zwei Testamente maßgeblich ist, die zwei Eheleute miteinander geschlossen hatten. Die Eheleute hatten in separaten Urkunden, die jeweils wortgleich waren, sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Als Schlusserben wurden weitere Personen genannt. Während der Erblasser Österreicher war, war die Erblasserin deutsche Staatsangehörige. Die Erblasser lebten zunächst in Österreich, zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung waren sie aber nach Deutschland gezogen.

In der aktuellen Entscheidung vor dem OLG München kommt das Oberlandesgericht München zu dem Schluss, dass auf den Erbfall deutsches Recht Anwendung findet, da die Beteiligten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten. Selbst wenn die testamentarischen Verfügungen keine Rechtswahl beinhalten, so lässt Artikel 83 Absatz 2 der Europäischen Erbrechtsverordnung deutsches Recht zur Anwendung kommen, da die Erblasser zum Zeitpunkt der Abfassung der Testamente ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten.

Das Oberlandesgericht München führt aus, dass die Testamente, selbst wenn sie wortgleich in zwei separaten Urkunden verfasst wurden, als wechselbezügliche gemeinschaftliche Testamente anzusehen sind. Dies führt dazu, dass die Testamente, die die Ehefrau nach dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament zu einem späteren Zeitpunkt verfasst hatte, aufgrund der Anwendung deutschen Rechts unwirksam waren. Der Grund lag darin, dass es nicht zu einem wirksamen Widerruf des gemeinsamen Ehegattentestament durch die Ehefrau zu Lebzeiten des Ehemannes gekommen war.
OLG München, Aktenzeichen 31 Wx 241/18, Beschluss vom 24.08.2020, eingestellt am 15.12.2020