Erwerbsobliegenheit im Trennungsjahr
Das Trennungsjahr im Hinblick auf eine Ehescheidung oder bezüglich des Trennungsunterhaltsanspruchs von Ehegatten nach der Trennung ist der Zeitraum zwischen Trennung der Ehegatten und dem im Anschluss ablaufenden ersten Jahr. Verlangt ein Ehegatte vom anderen Ehegatten Trennungsunterhalt, so hat er, sollte er keiner Beschäftigung nachgehen, sich während des Trennungsjahres noch keine fiktiven Einkünfte zurechnen zu lassen. Fiktive Einkünfte sind solche, die der Berechtigte aufgrund seiner Qualifikation, Ausbildung und Eignung seiner persönlichen Fähigkeiten erzielen könnte.

Nach § 1361 Abs. 2 BGB kann der trennungsunterhaltspflichtige Ehegatte dem trennungsunterhaltsberechtigten Ehegatten nicht darauf verweisen, seinen Unterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit, die er zu erbringen hat, im Rahmen des Trennungsjahres zu erzielen. Etwas anderes ergibt sich jedoch, wenn sich im Laufe des Trennungsjahres die Trennung verfestigt und die Ehescheidung oder Einreichung des Scheidungsantrages „nur noch eine Frage der Zeit ist“. In einem solchen Fall nähern sich die unterhaltsrechtlichen Verpflichtungen, denen des nachehelichen Unterhalts an, BGH FamRZ 2012, S. 1201. Nach dem abgelaufenen Trennungsjahr kann dem unterhaltsberechtigten Ehegatten deshalb grundsätzlich eine Erwerbsobliegenheit zugerechnet werden und von dieser ist auszugehen. In diesem Fall sind im Rahmen des Trennungsunterhaltsanspruchs dann dem trennungsunterhaltsberechtigten Ehegatten fiktive Einkommen zuzurechnen, sollte er keiner Beschäftigung oder keiner vollschichtigen Beschäftigung nachgehen.
OLG Bremen, Az.: 4 UF 16/22, Beschluss vom 13.09.2022, eingestellt am 01.02.2024