Kindesanhörung im familiengerichtlichen Verfahren erster Instanz
§ 159 FamFG regelt die Anhörung des Kindes im familiengerichtlichen Verfahren.
In Kindschaftssachen ist das jeweilige Kind durch das Familiengericht zu hören. Der Grund liegt darin, dass sich das Gericht einen persönlichen Eindruck von dem jeweiligen Kind verschaffen soll. Diese Voraussetzung ist altersunabhängig, sodass grundsätzlich jedes Kind anzuhören ist. Die Anhörung ist deshalb nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt. Es gibt jedoch Gründe, weswegen von einer persönlichen Anhörung des Kindes durch das Gericht und des damit verbundenen persönlichen Eindrucks abgesehen werden kann. Die Gründe, die hierfür vom Gericht genannt sind, sind, dass ein schwerwiegender Grund vorliegt, das Kind nicht in der Lage ist, seinen Willen und seine Neigung kundzutun, der Wille und die Neigung des Kindes für die gerichtliche Entscheidung nicht von Bedeutung sind und auch sonst eine Anhörung des Kindes nicht notwendig ist oder das Verfahren ausschließlich das Kindesvermögen betrifft und aus diesem Grund eine persönliche Anhörung nicht angezeigt ist.
Liegt jedoch ein Sorgerechtsverfahren nach § 1666 oder § 1666a BGB vor, dann hat stets eine Kindesanhörung zu erfolgen. Selbst wenn eine Kindesanhörung nicht möglich ist, muss sich das Gericht einen persönlichen Eindruck des Kindes verschaffen. Sollte das Gericht von einer persönlichen Anhörung des Kindes absehen, dann sind die Gründe, weswegen das Gericht von der persönlichen Anhörung des Kindes absieht, im Beschluss zu begründen. Liegt eine solche Kindesanhörung oder entsprechende Ausnahmebegründung der Kindesanhörung nicht vor, dann liegt ein Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens und zur Zurückweisung an das erstinstanzliche Gericht durch das Beschwerdegericht führen kann.
Dr. Christian Kasten, eingestellt am 01.12.2023