Zum Widerruf des Ehegattentestaments durch Vernichtung der Urkunde
Ehegatten bietet das Recht die Möglichkeit, gemeinsam in einem Testament zu testieren. Die Ehegatten können also einen gemeinsamen letzten Willen beschließen oder sie können in einem gemeinsamen Testament Regelungen treffen, die ihren jeweiligen Nachlass betreffen. Diese können wechselbezüglich sein, so dass die eine Regelung nur gelten soll, weil eine korrespondierende Regelung im Testament enthalten ist, es können aber auch selbständige Regelungen in dem Testament getroffen werden.
Ein Ehegattentestament kann in der Regel nur dadurch widerrufen werden, dass ein Ehegatte vor einem Notar erklärt, das Testament widerrufen zu wollen und die beglaubigte Abschrift des Wiederrufs wird dann dem anderen Ehegatten zugestellt, damit er Kenntnis vom Widerruf des Ehegattentestaments erhält und so wiederum testierfrei ist und nicht mehr an das gemeinschaftliche Testament gebunden ist. Erfolgt dieser Widerruf nicht, stellt sich die Frage, ob es anderweitige Möglichkeiten gibt, das Ehegattentestament zu widerrufen.
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass beide Ehegatten in voller Kenntnis und gemeinsam das Testament zerreißen. Die Urkunde wird somit vernichtet.
An den Beweis, dass mit der Vernichtung der Urkunde durch die Ehegatten der Widerruf der wechselseitigen testamentarischen Bestimmungen erfolgt sein soll, sind hohe Anforderungen zu stellen. Das Oberlandesgericht München führt aus, dass notwendig dafür ist, dass die positive Überzeugung des Gerichts vorliegt, dass das Testament der beiden Ehegatten durch gemeinsame Widerrufsabsicht vernichtet worden ist. Das OLG München geht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon aus, dass eine 100-%ige Gewissheit nicht erreicht werden kann und deshalb für die Gewissheit ein Gewissheitsgrad notwendig ist, der für das praktische Leben brauchbar sei. Hierzu muss dieser Grad an Gewissheit ausreichend sein, um etwaigen Zweifeln das Schweigen zu gebieten, ohne dass Zweifel völlig ausgeschlossen werden. Weiterhin ist notwendig, dass sich beweisen lässt, dass mit der Vernichtung der Urkunde der Widerruf der Ehegatten gewollt gewesen ist und sie dies im Willen ihrer Testierfreiheit getan haben.
OLG München, Az.: 31 Wx 398/17, Beschluss vom 31.10.2019, eingestellt am 01.12.2019